Reisebericht Ukraine 2013

Tag 1 (10 August):  9:00 Uhr Abfahrt. Obwohl ich nach dem Reifenwechsel eine Probefahrt gemacht habe, ist diese scheinbar zu kurz gewesen. Mein Lenker und das Tacho zittern bei 140 km/h wie verrückt. Ich hab die TKC 80 bis jetzt noch nie ausgewuchtet. Einfach die Gewichte drauf gelassen und es ging immer gut, doch wie es aussieht nicht dieses mal. Nach dem Frühstück bei Vitali – Danke – fahre ich dann noch beim Freundlichen in Löhne vorbei. Die wuchten mir das Vorderrad aus. Die 50 Gramm des Reifenruckgebers müssen wohl etwas genauer ausgewuchtet werden. Alles scheint wieder gut zu sein. Um 11:00 Uhr starte ich dann wirklich! Mit Grinsen im Gesicht freue ich mich über das gute Wetter und noch mehr über meine Adventure. Das ist doch absolut mein Moped. Einfach fantastisch wie einfach die Kilometer gefressen werden… Im Stau in Polen nutze ich die Vorteile eines einspurigen Fahrzeugs sowie die Freundlichkeit den polnischen Autofahrer. Die machen hier immer Platz, wie auf der Autobahn, so auch bei der Umleitung durch die Stadt. Sogar bei meine Fahrweise verliere ich eine Stunde. Die Autos standen dort wohl 5 - 6 Stunden. Zum Übernachten fahre ich wieder bei Papa Andrej in Opole vorbei. Hier ist alles wie vor vier Jahren. Der liebe Rotweiler, die Tochter Natalka ist schon 6 und geht im Herbst in die Schule, interessiert sich aber schon für Motorräder. Die Autos haben jetzt eine Garage. Und Papa Andrej hat wie immer viele Geschichten auf Lager. Tagestacho - 755 km.

Tag 2 (11 August):  Um 8 Uhr Frühstück bei Papa Andrej. Seine Geschichten gehen immer weiter. Wenn das wirklich war ist, was er alles mitgemacht hat – Vollster Respekt?! Zwei mal ein halbes Jahr mit Moped durch Australien, Karakum mit Russen, Geheimdienst, mit Moped durch ganz Europa, Kreuzfahrt nach Amerika usw. Kurz nach 9 Uhr starte ich weiter Richtung Osten. Für Manche ist es langweilig einfach Kilometer zu reißen, mir mach es aber nicht aus. Mit einem Ziel vor mir, kann ich auch den ganzen Tag auf der Autobahn verbringen. An einer Tankstelle treffe ich Stanislav. Er fährt aus der Ukraine mit einer Transalp nach Deutschland seine Freundin besuchen. Die letzten 100 km in Polen sind dann wieder etwas abwechslungsreicher. Endlich Kurven, die Karpaten sind nicht mehr so weit! Am Grenzübergang fahre ich an der ersten Autoschlange vorbei. Weiter hatte ich vor mich nicht vorzudrängeln, werde jedoch immer mit Unverständnis angeschaut – Ein Motorrad kann doch ohne zu warten durch! Na gut, dann fahre ich eben… Nach einer Stunde bin ich in der Ukraine. Zur Übernachtung halte ich wieder im schon bekannten Hotel Gostinij Dwor. Tagestacho - 470 km.

   
Tag 3 (12 August): Schon gestern sind mir Vibrationen am Hinterrad aufgefallen. Die Gegengewichte am Hinterrad wollten in Polen bleiben. Da gestern Sonntag war, hatte ich mit dem Ausbalancieren in Polen keinen Erfolg. Vor dem Weiterfahren will ich heute erst das Hinterrad auswuchten lassen. Reifenmontage gibt es im jeden Dorf, keiner von den kann jedoch einen Moped Reifen auswuchten. Obwohl ich Großstädte beim Mopedfaren möglichst vermeiden versuche, fahre ich dann doch nach Lviv. Wie findet man hier etwas??? Nach unserer Suchmethode – den Fahrer des dicksten Wagens zu fragen – sitzt der erste Treffer.  An der Tankstelle treffe Andrej vom Bike Club LX! Glück muss man haben! Per Telefon organisiert er für mich einen Abholservice von der Umgebungsstraße am anderen Ende der Stadt. Hier werde ich von Antonio (auch Andrej – Foto) abgeholt. In der sonst sehr gut ausgestatteten Werkstatt findet er jedoch keine für das GS Rad passenden Aufnahmekeile. Das Rad kommt in den Citroën und wir fahren zu Yamaha Lviv. Hier wird das Rad schnell gewuchtet. Zurück zum Moped, Rad dran, fertig! Geld wird nicht angenommen. Stattdessen bekomme ich ein T-Shirt mit dem Club LX Emblem. Danke! Immer wieder angenehm so eine Bikerhilfe. Mit solchen Jungs füllt man sich viel sicherer als mit einer ADAC Versicherung!
Weiter geht es über die Hauptverbindungen, die manchmal auch schon eine Herausforderung sind, Richtung Karpaten. Irgendwann nach unzähligen Überholmanövern packt mich dann auch mal die Polizei. 100 Griven in Cash und alles ist wieder gut. Am Abend stehe ich vor dem bekannten Haus von Ivan. Nach einem Plus kommt hier auch ein Minus. Ich werde bei der Mutter der Frau untergebracht. Na ja? Morgen sehen wir weiter. Ist ja schließlich eine Abenteuerreise. Tagestacho - 379 km.
   

Tag 4 (13 August):  Heute, an meinem Geburtstag, lasse ich meine schöne ENTRAIL Koffer zuhause und fahre nur mit einem TRS in die Berge. Es gibt heute zum Geburtstag richtig Schotter! Hoch auf den Dragobrat. Für meine GS genau das Richtige. Mehr Gelände muss es aber auch nicht sein. 1. Höchstens 2. Gang, mal Kupplung schleifen lassen. Hier alleine hochzufahren - kneift es hinten noch mehr. Ohne Sturz komme ich hoch und runter. Fahre weiter nach Rachiv. Von hier wollte ich eine auf der Karte gekennzeichnete Passstraße fahren. Diese ist jedoch gesperrt. Ein Autofahrer an der Tankstelle versteht endlich das Ziel meines Daseins und begleitet mich zu einer super Strecke. Es geht hier bis auf 1900 Meter über NN hoch auf den höchsten Berg der ukrainischen Karpaten - Pop-Ivan. Über die Spitze verläuft auch die Grenze zu Rumänien. Die Strecke ist wirklich gut, jedoch ist der Boden nach dem Regen sehr rutschig und ich traue mich alleine nicht bis an die Spitze. Sollte ich hier irgendwann noch mal vorbeikommen, werde ich es auf jedem Fall noch mal probieren. Den Ausgangspunkt habe ich gespeichert.
In einem schönen Kaffee am Straßenrand bekomme ich ein leckeres Mittagessen mit Kwas. Den musste ich fotografieren. Nach ein paar Kilometer bin ich wieder in Yasinya.
Danke an Alle, die an mich heute gedacht haben. Es tut hier in der Ferne besonders gut Glückwünsche von (im Moment) weit entfernten Freunden, Verwandten, Bekannten zu erhalten. Das Geschenk meiner Liebsten packe ich wie versprochen erst jetzt aus. Ein Tagebuch für meine Gedanken. Danke! Hier werde ich in meinem Tagebuch richtig emotional. Das kommt natürlich nicht ins Netz…
Na ja – zu sonstigen Gedanken. Ohne Namen zu nennen… Erwartungen sind dafür da, um diese zu erfüllen. Nicht erfüllte Erwartungen sind dann wohl Enttäuschungen. Solange keine Erwartungen da sind, kann es also nur besser werden. Je weniger Erwartungen desto einfacher ist es. Tagestacho - 120 km.

 
Tag 5 (14 August):   Was das Fahren betrifft, so fehlte es heute ab nichts. Ca. 60 Km ohne Asphalt und 20 davon im 1-2 Gang. Am Morgen kam ich unter einen Regen. Die Asphaltstraßen wurden dadurch sehr glatt. ABS springt sehr schnell an. Bei Teresva biege ich rechts ab in die Berge. Hier wird es immer interessanter. Der Asphalt wird immer schlechter bis es hinter Ust-Chorna nur noch Schotter ist. Überall am Straßenrand wir hier etwas verbrannt. Das ist hier wohl die hiesige Müllverbrennungsanlage. In Komsomolst frage ich nach dem Weg und werde netterweise zum Mittagessen eingeladen. Das ist das beste Essen auf dieser Reise. Meistens ist es so: je einsamer die Gegend desto netter und freundlicher sind die Leute. Meine Gastgeber sind zum Teil selber hier zu Besuch. Sie wohnen in Pridnestrowje – der nicht anerkannte Teil zwischen Moldawien und Ukraine. Von der Durchfahrt durch das Gebiet wird im Auswertigen Amt abgeraten. Wenn dort jedoch alle so nett wie diese hier sind, sollte man keine Bedenken haben. Als ich nach der Passstraße frage, meinen meine Gastgeber dass dort schon Mopeds durchgefahren sind, jedoch nur Crosser und ohne Gepäck. Ich wage mich ein Stückchen rein, jedoch ist es hier wirklich sehr rutschig und steinig. Ich kehre um und fahre einen ca. 150 km weiten Umweg über Khust. Auf dem Weg runter musste ich zum ersten Mal in meinem Leben bei der Polizei ins Röhrchen pusten. Der Idiot meinte wohl im Ernst, dass ich durch halb Europa reise um hier besoffen Moped zu fahren. Die Passstraße über Mizhhirya ist es aber auch eine interessante Strecke für eine GS. Schlaglöcher überall, jedoch mit einem Einspurigen Fahrzeug meisten ohne Temporeduzierung passierbar. Auf solchen Stücken trifft man nie Geschwindigkeitskontrollen. Oben auf dem Pass ist es nur 14°, unten in Dolina ist es wieder etwas wärmer. Hier halte ich in einem Hotel zum Übernachten. Tagestacho - 380 km.
 
Tag 6 (15 August):  Am Morgen habe ich mir selber noch nicht vorgestellt, was für ein Langer Tag mir bevorsteht. Ganz gemütlich fahre ich nach Truskawets. Weiter durch Sambir nach Mostyska. Ist schon interessant ohne Navi zu fahren. Fast nach jeder Kreuzung in den Städten frage ich Passanten nach dem Weg. Ich nenne die Stadt, die winken mit der Hand „Weiter“ – Danke, der Nächste. Keine schiefe Blicke, sehr freundlich werde ich durch die Städtchen durch navigiert. So um 13 Uhr fahre ich über die Grenze nach Polen. Erst fahre ich Richtung Tatra Gebierge. Nach zwei Stunden „rumgegurke“ zwischen den sämtlichen Autos kann ich mich nicht mehr so richtig konzentrieren und schlafe fast ein. Ohne einen Ziel kann ich wohl nicht fahren. Ich lass im Navi den Weg zum Grenzübergang berechnen. 21 Uhr soll ich da sein? Plus eine Stunde fürs Tanken und Essen, plus vier Stunden bis nach Hause – ergibt 2 Uhr Mordens. Ach was soll es, das Tatra Gebirge habe schon zwei Mal gesehen. Ab geht es nach Hause. Wie gerechnet stehe ich um 2 Uhr Morgens vor meiner Garage. Meine persönliche Tageshöchstleistung. Tagestacho - 1360 km.
Fazit:  Wie schon vermutet hat das Alleinfahren positiven und negativen Seiten. Das Fahren selbst hat mir viel mehr gefallen. Man braucht sich nicht anpassen, mit keinem was abstimmen, man macht einfach dass wonach es einem ist. Abends ist es natürlich etwas langweilig. Dafür sucht man mehr Kontakt mit den Einheimischen oder man hat auch mehr Zeit für das Tagebuch. Also unter dem Strich könnte ich jetzt nicht mal sagen, ob es besser wäre alleine zu reisen oder in einer Gruppe… Hauptsache das Rad dreht sich!